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Ein Glas mit einer klaren Flüsigkeit steht auf einem Schreibtisch neben einem Laptop, einem Notizblock und einem schwarzen Kugelschreiben. Der Fokus des Fotos liegt auf dem Glas.
21. August 2025

Zeit, das Schweigen zu brechen

Sucht am Arbeitsplatz – ein Gastbeitrag

Über den Autor

Fabian Weihrauch ist Experte für Suchtprävention auf Augenhöhe. Aus eigener Erfahrung und mit viel Praxis-Know-how unterstützt er Unternehmen dabei, Sucht am Arbeitsplatz frühzeitig zu erkennen und professionell damit umzugehen.

"Wir haben kein Suchtproblem"

Ich darf immer wieder erleben, wie mir Unternehmen sagen: „Wir haben kein Suchtproblem.“
1000 Mitarbeitende – aber keiner hat ein Alkoholproblem? Statistisch gesehen haben 10–15 % (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V.) aller Mitarbeitenden in Deutschland ein Problem mit Alkohol oder sind abhängig. Aussagen wie diese kommen in der Regel von der Geschäftsführung oder der Personalleitung.
Wenn mir also ein Unternehmen mit 1000 Leuten erklärt, es gäbe kein Problem, dann hat entweder der Nachbarbetrieb ein richtig dickes Problem oder die Führungskräfte haben schlichtweg Tomaten auf den Augen.

 

Die Realität sieht anders aus.

Viele Führungskräfte stecken in der Co-Abhängigkeit.
Die meisten kennen „ihre Pappenheimer“, aber sie trauen sich nicht, das Thema offen anzusprechen. Es ist einfach bequemer, wegzuschauen. Die Fahne wird ignoriert, Mitarbeitende bekommen Sonderaufgaben, um nicht im Team arbeiten zu müssen, oder werden ins Homeoffice geschickt, weil es ihnen angeblich „nicht gut geht“. So wird suchtkranken Mitarbeiter *innen eine Komfortzone gebaut, in der sie ihre Sucht weiter ausleben können – und das ganz ohne Konsequenzen.

Warum macht man das?
Ganz einfach: Die betroffenen Mitarbeitenden sind oft „die Guten“. Immer da, überdurchschnittlich leistungsfähig, anfangs auch noch sehr zuverlässig.
Und dann kommt schnell die innere Frage: „Warum sollte ich da was tun?“
Durch den Fachkräftemangel können es sich die wenigsten leisten, Kolleg *innen zu verlieren.
Dazu kommt die Angst, dass die Qualitäten als Chef *in infrage gestellt werden oder Kennzahlen nicht mehr stimmen. Solange es also weiterhin funktioniert, ist der Leidensdruck einfach zu gering, um etwas zu ändern.

Das Problem
Irgendwann geht auch die Zuverlässigkeit der betroffenen Mitarbeitenden flöten, die Arbeitsqualität lässt nach und im Team knallt es immer öfter. Jetzt ist die Kacke richtig am Dampfen. Weil das Ganze jahrelang geduldet oder ignoriert wurde, ist es jetzt noch viel schwieriger, das Thema offen anzugehen.
Die Lösung
Genau hier komme ich (Fabian Weihrauch) ins Spiel – mit meinen Schulungen. Aus meiner Erfahrung lassen sich Führungskräfte grob in zwei Altersklassen einteilen:

25–45 Jahre
Diese wissen in der Regel ganz genau, dass Mitarbeitende ein Suchtproblem haben. Aber es fehlen oft die Eier in der Hose, das Thema anzusprechen.

Ab 45 Jahre
Da müssen wir erstmal drüber reden, wie man Sucht überhaupt erkennt. Diese Generation ist oft noch geprägt von der alten Aufklärung: „Kiffen, Prostitution, Heroin. Wir Kinder vom Bahnhof Zoo.“ Das ist nur leider viel zu kurz gegriffen und schlichtweg nicht der Alltag in Unternehmen.

Exemplarischer Ablauf einer Schulung
Die Herausforderung in meinen Schulungen ist, beide Gruppen gleichzeitig abzuholen und die Spannung sowie die Aufmerksamkeit hochzuhalten.
Ich starte immer damit, allen Führungskräften zu erklären, wie Suchterkrankung funktioniert, damit sie verstehen, wie suchterkrankte Mitarbeiter *innen überhaupt denken und handeln. Wenn sie das verstanden haben, wird der Umgang viel einfacher. Dann lernen sie von mir, wie sie Gespräche über Sucht führen: klar, respektvoll und gleichzeitig rechtssicher.

Zwei weitere zentrale Bausteine
1. Die arbeitsrechtlichen Grundlagen: Was ist mit Abmahnung, Kündigung und Dokumentation?
2. Der aus meiner Sicht viel wichtigere Punkt: Die Haftung.

 

Mein Motto:

„Wo kein Kläger, da kein Richter. Aber wenn der Kläger kommt, dann richtig.“
Und das ist oft der Moment, in dem Unternehmen mich anrufen und sagen:
„Können Sie das Kind bitte irgendwie wieder aus dem Brunnen holen?“
Die meisten Führungskräfte sind sich ihrer Verantwortung nicht bewusst – Stichwort Fürsorgepflicht des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin.

 

Ein einfaches Beispiel
Die Führungskraft bekommt morgens um 9 Uhr einen Anruf. Jemand aus dem Team ist alkoholisiert im Betrieb. Was passiert? Der erste Impuls ist, der Mitarbeitenden Person ein Taxi zu rufen – und sie heimzuschicken. Das ist gut gemeint, kann aber fatale Folgen haben. Verunfallt der oder die Mitarbeitende auf dem Heimweg, kommt die Haftungsfrage auf.
Grundsätzlich hätte die Berufsgenossenschaft die Möglichkeit, aufgrund der Verletzung der Fürsorgepflicht in Regress zu gehen. Das wird in der Regel für alle Beteiligten eine unangenehme Geschichte. Das Ziel meiner Arbeit ist, das Bewusstsein für dieses Tabuthema zu stärken. Bei allen Beteiligten, auch in der Geschäftsführung. Und daraus eine klare Haltung im ganzen Unternehmen zu entwickeln.
Fragen wie: „Muss es wirklich der Wein zum Geburtstag sein?“ oder „Ist das Anstoßen am Freitagnachmittag noch zeitgemäß?“ Diese und weitere Fragen werden im Gespräch mit allen Beteiligten geklärt und wir entwickeln gemeinsam einen Weg, der zu dem jeweiligen Unternehmen passt. Denn: ein maßgeschneiderter Anzug passt besser als einer von der Stange.
Hier sollte auch über Betriebsvereinbarungen, Dienstanweisungen oder Geschäftsvereinbarungen gesprochen werden.

 

Fazit

Es muss nicht immer ein stumpfes Alkoholverbot sein. Stattdessen gibt es auch andere Konzepte, wie zum Beispiel die Punktnüchternheit. Das ist eine freiwillige Selbstverpflichtung der Arbeitnehmenden, zu Arbeitsbeginn und während der Arbeit auf Alkohol und sonstige berauschende Mittel zu verzichten. Dazu sind natürlich Aufklärung und Prävention von unverzichtbarer Bedeutung. Die Motivation dahinter ist, von Verboten abzusehen und lieber zu erklären, warum das sowohl für Arbeitgebende als auch für Arbeitnehmende zielführender und sicherer ist.
Mein Ansatz bleibt dabei immer gleich:
Emotion und Aufmerksamkeit schaffen Erinnerung. Und Erinnerung bringt echten Lernerfolg.

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