Gesundheitsförderung Aktuelle Beiträge
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
Was Arbeitgebende und Arbeitnehmende tun können
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist kein Randphänomen, sondern eine reale Herausforderung für viele Unternehmen.
Sie betrifft nicht nur das persönliche Wohlbefinden der betroffenen Mitarbeiter *innen, sondern wirkt sich auch auf die gesamte Arbeitsumgebung, Kolleg *innen, die betriebliche Sicherheit und die Gesundheit aus.
Hier zählt vor allem ein präventiver Ansatz, aber auch die Intervention und die Nachsorge, wenn es doch zu einem Vorfall dieser Art kam.
Definition sexueller Belästigung
und der rechtliche Rahmen
Definition von Belästigung (allgemein): Belästigung am Arbeitsplatz beschreibt ein Verhalten, das dazu führt, dass sich eine Person in ihrer Würde, Sicherheit oder Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt fühlt. Belästigung muss nicht immer laut oder aggressiv sein – auch subtile, wiederkehrende Abwertungen oder gezieltes Ignorieren können eine belastende Wirkung entfalten. Entscheidend ist, wie das Verhalten auf die betroffene Person wirkt – nicht, wie es gemeint war.
Definition von sexueller Belästigung: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) legt die Grundlagen der Gleichheit von Personen fest und bietet eine Definition für sexuelleBelästigung. Hier steht zum Beispiel, dass keine Benachteiligung wegen des Geschlechts einer Person erfolgen darf. Als sexuelle Belästigung gilt hier laut § 3 Abs. 4 jede Form unerwünschter sexueller Handlung, die darauf abzielt oder bewirkt, dass die Würde der betroffenen Person verletzt wird. Darunter fallen verbale sexuelle Belästigung, nonverbale und körperliche Handlungen.
Was zählt als sexuelle Belästigung?
Es gibt verschiedene Formen sexueller Belästigung:
• Sexuelle Anspielungen/anzügliche Bemerkungen (darunter auch aufdringliche Bemerkungen über Kleidungsstil oder das Aussehen generell)
• Fragen mit sexuellen Inhalten
• Unerwünschtes Zeigen, Schicken oder Anbringen pornografischer Darstellungen (so genannte Dickpics)
• Aufdringliches Starren und Hinterherpfeifen
• Unerwünschte Kontaktaufnahme über Nachrichten, Mail, Social Media
• Entblößen (z. B. den Penis, die Vagina oder die weiblichen Brüste)
• Aufforderung zu sexuellen Handlungen
• (Wiederholte) Missachtung der üblichen körperlichen Distanz
• Unangemessene körperliche Berührungen (auch, wenn diese rein zufällig erscheinen)
• Zwingen, eine sexuelle Handlung zu dulden, zu erwiedern oder durchzuführen
• Körperliche Gewalt
• Vergewaltigung
In den meisten Fällen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz sind Frauen betroffen. Das AGG bezieht sich jedoch auf alle Geschlechter und schützt diese vor Missbrauch.
Arbeitgeber *innen sind laut Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und AGG verpflichtet, Mitarbeiter *innen vor sexueller Belästigung zu schützen. Das schließt die Erstellung geeigneter Schutzkonzepte, die Berücksichtigung in der Gefährdungsbeurteilung (GBU) und Schulungen für Mitarbeitende und Führungskräfte ein.
Auch in solchen Fragen können Expert*innen wie Betriebsärztinnen, Betriebsärzte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Psychologen Arbeitgeber *innen Unterstützung und Beratung bieten.
Strafgesetzbuch (StGB) sexuelle Belästigung
Im StGB in Paragraph 184i steht die Strafe bei sexueller Belästigung festgeschrieben: „Wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn nicht die Tat in anderen Vorschriften dieses Abschnitts mit schwererer Strafe bedroht ist.“ In besonders schweren Fällen kann die Strafe bei sexueller Belästigung auch angepasst werden.
Faktencheck
Es gibt Zahlen, die belegen, dass sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz EU-weit ein ernstzunehmendes Problem ist.
• 9 % der Menschen sind betroffen von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz
• 13 % der Frauen wurden schon sexuell am Arbeitsplatz belästigt
• 5 % der Männer berichten ebenfalls von sexueller Belästigung im beruflichen Umfeld
• 14 % der belästigten Personen waren unter 30 Jahren
• Verbale Belästigung, unerwünschte Blicke und Gesten sowie unangemessene oder intime und sexualisierte Fragen sind die häufigste Form von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Erst danach kommen unerwünschte Berührungen und körperliche Annäherung in 26 % der Fälle.

Wo beginnt sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz kann viele Formen annehmen und beginnt oft mit subtilen Handlungen. Die Definition sexueller Belästigung umfasst nicht nur körperliche Übergriffe, sondern auch unangemessene Gesten, Bemerkungen oder Blicke, die als belästigend empfunden werden. Diese Art von sexueller Nötigung bleibt in der Regel häufig unbemerkt oder wird verharmlost, obwohl sie klare Grenzen überschreitet. Das Verständnis der Definition von sexueller Belästigung ist entscheidend, um das Bewusstsein für diese Problematik zu schärfen und um angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Es ist wichtig, dass Sie in Ihrem Unternehmen eine Kultur des Respekts und der Aufmerksamkeit fördern, um sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz zu verhindern.
Besonders problematisch ist der Fakt, dass verbale oder nonverbale Übergriffe oft als humorvoll oder als harmlose Flirtversuche dargestellt werden. Ein Flirt ist jedoch nur dann akzeptabel, wenn er auf beiderseitigem Interesse und Einvernehmen basiert! Die Definition von Belästigung macht deutlich: Sobald eine Person ihr Unbehagen signalisiert oder ablehnend reagiert und dennoch weiter bedrängt wird, ist eine Grenze überschritten.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz tritt auf, wenn Mitarbeitende unter Druck gesetzt oder beeinflusst werden, indem ihnen bei Ablehnung sexueller Handlungen vor allem berufliche Nachteile angedroht oder im Gegenzug für Entgegenkommen berufliche Vorteile versprochen werden. Sexuelle Belästigung im Arbeitskontext umfasst häufig auch Machtmissbräuche.
Wichtig für Arbeitgeber *innen ist, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem Respekt und Sicherheit für alle gewährleistet sind.
Sexuelle Belästigung: Folgen und Auswirkungen auf den Arbeitsalltag
Sexuelle Belästigung ist nicht nur psychisch und sozial belastend, sondern kann auch arbeitsrechtliche Konsequenzen haben.
Wenn jemand sexuell belästigt wird, muss dies ernst genommen werden, unabhängig davon, wie der Übergriff ursprünglich gerechtfertigt wurde. Es ist wichtig, klare Grenzen zu ziehen und respektvoll miteinander umzugehen, um ein sicheres Arbeitsumfeld zu gewährleisten.
Sexuelle Belästigung hat weitreichende psychische und physische Auswirkungen. Mitarbeiter *innen können zum Beispiel unter folgenden Symptomen leiden:
• Schlafstörungen
• Erhöhte Stressbelastung
• Essstörungen
• Angstsymptomen
• Depressionen
• Verminderte Konzentration
• Erhöhte Fehleranfälligkeit
• Soziale Rückzugsmechanismen
Arbeitsmedizinisch betrachtet handelt es sich hierbei um eine relevante psychische Belastung gemäß den Leitlinien zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. Unternehmen sind somit verpflichtet, diese im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) zu berücksichtigen.
Rolle von Führungskräften, Fachkräften für Arbeitssicherheit und Betriebsärzt*innen
Führungskräfte sind in der Verantwortung, ein diskriminierungsfreies und respektvolles Arbeitsumfeld zu fördern. Gleichzeitig kommt Fachkräften für Arbeitssicherheit (Sifas) und Betriebsärzt *innen eine beratende und begleitende Rolle zu. In der vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung für psychische Gefährdungen müssen Maßnahmen festgelegt werden, um auch die Gefahr von sexueller Belästigung zu vermeiden.
Sie können Betroffene außerdem medizinisch einschätzen, ggf. psychosozial beraten und frühzeitig arbeitsbedingte Gesundheitsrisiken erkennen. In anlassbezogenen Gesprächen kann ebenfalls das Thema der sexuellen Belästigung thematisiert werden, sofern das Vertrauensverhältnis dies zulässt.
Sexuelle Belästigung und der Einfluss auf die Sicherheit am Arbeitsplatz
Ein oftmals unterschätzter Aspekt: Sexuelle Belästigung kann ein sicherheitsrelevantes Risiko darstellen. Mitarbeiter *innen, die unter psychischem Stress leiden, sind anfälliger für Arbeitsunfälle, insbesondere in sicherheitskritischen Bereichen wie beispielsweise der Produktion, der Logistik oder dem Laborbetrieb.
Auch das Vertrauen in das Unternehmen und andere Kolleg *innen kann darunter leiden und das Sicherheitsgefühl am Arbeitsplatz deutlich schwächen.
Unterstützungsmöglichkeiten für Betroffene
Für Betroffene ist es essenziell, dass sie Zugang zu vertrauensvollen Ansprechpersonen haben. Hierzu zählen unter anderem:
• Psychologisch geschulte erste Ansprechpartner *innen im Unternehmen
• Betriebsärzt *innen
• Fachkräfte für Arbeitssicherheit
• Betriebsrat oder Gleichstellungsbeauftragte
• Externe psychologische Beratungsstellen
• Antidiskriminierungsstelle des Bundes
• Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen, Frauennotrufe und Frauenberatungsstellen
Angebote wie psychosoziale Beratung oder betriebspsychologische Unterstützung können dazu beitragen, die Gesundheit zu stabilisieren und das Sicherheitsgefühl wiederherzustellen.
Um einen offenen Austausch zu gewährleisten und den Mitarbeitenden das Gefühl zu geben, dass sie ernst genommen werden und ihre Probleme verstanden werden, hilft eine Sensibilisierung für das Thema durch Aufklärung, Informationsmaterialien, Schulungen und Workshops.
Tipps für den Umgang mit sexueller Belästigung in der Arbeitsumgebung
• Sensibilisierung von Führungskräften und Mitarbeitenden durch Schulungen
• Klare Kommunikationswege und Beschwerdestrukturen etablieren
• Integration psychosozialer Risiken in die Gefährdungsbeurteilung (gesetzlich vorgeschrieben)
• Förderung einer offenen und wertschätzenden Unternehmenskultur
• Stärkung der Resilienz und psychischen Gesundheitskompetenz im Rahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF)
• Handlungsleitfaden für Mitarbeiter *innen
• Informationsmaterialien wie bspw. Flyer
• Implementierung eines Employee Assistance Programs (EAP)
• Kontakt zu psychologischen Beratungsstellen
• Interne Ansprechpartner *innen für Beratung, Beschwerde und Konfliktlösung
Fazit zu sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, Prävention und Unterstützung
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist eine ernstzunehmende psychosoziale Belastung – mit weitreichenden Auswirkungen auf Gesundheit, Sicherheit und das gesamte Betriebsklima. Ein ganzheitlicher Ansatz, der sowohl arbeitsmedizinische als auch sicherheitstechnische Perspektiven berücksichtigt, ist hier entscheidend. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind gefordert, proaktiv Schutz- und Unterstützungsmaßnahmen zu schaffen, um die Gesundheit und Würde aller Mitarbeiter *innen nachhaltig zu schützen und sexuelle Belästigung zu vermeiden.
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