Wann zählt eine Erkrankung als Berufskrankheit?
Berufskrankheiten werden in folgende sechs Kategorien eingeteilt:
1. Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten
2. Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten
3. Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten
4. Erkrankungen der Atemwege und der Lungen, des Rippenfells, des Bauchfells und der Eierstöcke
5. Hautkrankheiten
6. Krankheiten sonstiger Ursache
Ob bei der/dem Betroffenen eine Berufskrankheit vorliegt, wird in jedem Einzelfall geprüft und durch die gesetzlichen Unfallversicherungsträger entschieden.
Anerkennung von Berufskrankheiten
Für die Anerkennung einer Berufskrankheit muss diese in direktem Zusammenhang mit der beruflich ausgeführten Tätigkeit stehen. Bei dem Verdacht prüfen die Unfallversicherungsträger folgende Punkte:
• Ist die Krankheit in der Liste der Berufskrankheiten aufgeführt?
Hinweis: In Ausnahmefällen können bestimmte Krankheiten auch ohne Eintrag in der Berufskrankheitenliste als „wie eine Berufserkrankung“ („Wie-BK“) anerkannt werden. Dies gilt nur, wenn sich die Kenntnisse in der Wissenschaft und Medizin dahingehend weiterentwickelt haben, dass hier ein konkreter Zusammenhang nachgewiesen werden kann.
• War die Person an ihrem Arbeitsplatz den schädigenden Einwirkungen ausgesetzt, die für diese Berufskrankheit gegeben sein müssen?
• Ein Zusammenhang zwischen der Entstehung der Krankheit und der Tätigkeit am Arbeitsplatz ist nachzuweisen (wenn die berufliche Tätigkeit in der Vergangenheit liegt, ist dies schwieriger nachzuvollziehen).
Ablauf eines Berufskrankheitsverfahrens
Wer meldet eine Berufskrankheit?
• Ärzte und Ärztinnen sind dazu verpflichtet, den Unfallversicherungsträger oder das Gewerbeaufsichtsamt bei Verdacht auf eine Berufskrankheit in Kenntnis zu setzen. Die Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmerin oder des betroffenen Arbeitnehmers ist hierbei nicht erforderlich.
• Unternehmer *innen müssen den Unfallversicherungsträger bei Verdacht einer Berufskrankheit informieren. Die Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmerin oder des betroffenen Arbeitnehmers ist hierbei ebenfalls nicht erforderlich.
• Die Meldung erfolgt durch die Ärzt *innen und Unternehmer *innen mit Hilfe eines speziellen Formulars. In dieses müssen Informationen zur Arbeitsvorgeschichte und medizinische Befunde und Krankheitserscheinungen eingetragen werden.
• Betroffene oder deren Angehörige können einen Verdacht selbst melden.
• Krankenkassen können sich bei einem gemeldeten Verdacht auf eine Berufskrankheit bei den Unfallversicherungsträgern melden.
Berufskankheiten: Feststellung des Zusammenhangs von Erkrankung und beruflicher Tätigkeit
Als Grundlage dient eine Arbeitsanamnese. In dieser wird die Arbeitsvorgeschichte der betroffenen Person ermittelt. Hierrunter fällt die Feststellung, welchen Einwirkungen und Belastungen die/der Mitarbeiter *in während ihrer/seiner beruflichen Tätigkeit ausgesetzt war. Dies geschieht über folgende Wege (es werden nicht alle der nachfolgend genannten Wege genutzt, sondern je nach Fall abgewägt, welche am sinnvollsten sind):
• Fragebogen für die betroffene Person
• Fragebogen für das Unternehmen
• Untersuchungen vor Ort im Unternehmen
• Einsicht in frühere Unterlagen zum Arbeitsplatz (z. B. Ergebnisse aus Messungen)
• Miteinbeziehen fachkundiger Personen (z. B. Betriebsarzt/-ärztin,
Sicherheitsfachkraft, Kolleg *innen)
Wenn hier eine Gefährdung im Arbeitsbereich der betroffenen Person ermittelt werden konnte, wird geklärt, ob diese eine direkte Einwirkung auf die vorliegende Krankheit hat.
Um das zu ermitteln, werden die Krankheitsvorgeschichte und -entwicklung untersucht und ein ärztliches Gutachten eingeholt. Der Auftrag zum Gutachten wird von den Unfallversicherungsträgern an externe Ärzt *innen gegeben. Der Unfallversicherungsträger muss der betroffenen Person mindestens drei Ärzt *innen als Gutachter zur Auswahl stellen.
Die betroffene Person kann auch selbst Gutachter *innen vorschlagen, diese können bei unzureichender Qualifikation jedoch vom Unfallversicherungsträger abgelehnt werden.
Bei der Entscheidung werden die Betriebsärzt *innen als Vertreter *innen der staatlichen Arbeitsschutzbehörden hinzugezogen.
Die endgültige Entscheidung trifft der Rentenausschuss des Unfallversicherungsträger. Diese Entscheidung wird der betroffenen Person schriftlich in einem rechtsfähigen Bescheid übermittelt.
Die Kosten für das Berufskrankheitenverfahren übernimmt der Träger der Unfallversicherung.
Leistungen bei anerkannter Berufskrankheit
Wird die Berufskrankheit anerkannt, können betroffene Arbeitnehmer *innen auf verschiedene Unterstützungsleistungen zurückgreifen. Diese umfassen:
• Geldleistungen: Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 % haben Betroffene Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie Verletztengeld oder Übergangsgeld (zwischen der Erkrankung und dem erneuten Arbeitsbeginn).
• Präventive Maßnahmen: Um eine Verschlimmerung der Erkrankung zu verhindern oder weiteren Mitarbeiter *innen vorbeugend zu helfen, können präventive Schritte eingeleitet werden. Dies ist unabhängig davon, ob die Erkrankung offiziell als Berufskrankheit anerkannt wurde.
• Berufliche und soziale Rehabilitation: Medizinische Reha-Maßnahmen, die Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder die Umsetzung an einen anderen Arbeitsplatz oder sogar die Umschulung in einen anderen Beruf können helfen, den Betroffenen langfristig im Berufsleben zu halten.
• Hinterbliebenenrente: Sollte der Betroffene aufgrund der Berufskrankheit versterben, stehen den Angehörigen Leistungen wie eine Witwen- oder Waisenrente zu.
• Pflegeleistungen: Bei Bedarf können Pflegeleistungen zusätzlich zur Unterstützung in Anspruch genommen werden.

Was muss die/der Arbeitgeber *in/ und die Unfallversicherungsträger tun?
Wenn eine Gefahr ermittelt wurde, die demnach auch Auswirkungen auf die anderen Mitarbeiter *innen haben kann, müssen entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden, um die Gefährdung einzudämmen. Diese können mit Hilfe des
STOP-Prinzips ermittelt werden. Maßnahmen können z. B. sein:
• Arbeitsstoffe austauschen (Substitution)
• Schutzvorrichtungen anbringen (Technische Maßnahmen)
• Zeit der Mitarbeiter *innen am Arbeitsplatz verringern (Organisatorische Maßnahmen)
• Persönliche Schutzausrüstung (PSA) zur Verfügung stellen (Persönliche Maßnahmen)
Rolle der/des Betriebsärztin/-arztes und der Sicherheitsfachkraft
Eine Betriebsärztin oder ein Betriebsarzt ist ein/e wichtige/r Ansprechpartner *in bei der Prävention von Berufskrankheiten. Sie/Er kann zusammen mit der Sicherheitsfachkraft (Sifa) potenzielle gesundheitliche Risiken am Arbeitsplatz frühzeitig erkennen und präventive Maßnahmen einleiten. Zudem unterstützen sie sowohl den/die Arbeitgeber *in als auch die Mitarbeiter *innen, indem sie gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen schaffen und Hinweise zum korrekten Verhalten am Arbeitsplatz geben.
Im Berufskrankheitenverfahren selbst ist die Einbindung der Betriebsärztin oder des Betriebsarztes sinnvoll (und wird auch oft von den Unfallversicherungen gewünscht), da sie/er durch ihre/seine Expertise die Belastungen vor Ort einschätzen kann (siehe „Ablauf einer Anerkennung“). Der/die Betriebsarzt *in sollte über jede Berufskrankheitenanzeige in Kenntnis gesetzt werden.
Handlungsmöglichkeiten bei Ablehnung einer Berufskrankheit
Sollte eine Berufskrankheit von der Unfallversicherung nicht anerkannt werden, haben Betroffene die Möglichkeit, Einspruch einzulegen. Dieser Einspruch kann innerhalb eines Monats beim Unfallversicherungsträger eingereicht werden. Wird dieser abgelehnt, bleibt der Gang zum Sozialgericht, wo kostenfrei gegen den Bescheid geklagt werden kann.
Fazit zu Berufskrankheiten
Berufskrankheiten sind ein ernstes Thema, das sowohl Arbeitnehmer *innen als auch Arbeitgeber *innen betrifft. Vorbeugung, Aufklärung und rechtzeitige Maßnahmen können helfen, das Risiko zu minimieren und bei Erkrankungen die nötige Unterstützung sicherzustellen. Arbeitgeber *innen sind dabei besonders gefordert, potenzielle Gefahrenquellen frühzeitig zu erkennen und für sichere Arbeitsbedingungen zu sorgen. Ein Betriebsarzt oder eine Betriebsärztin und eine Sicherheitsfachkraft können hier entscheidend zur Prävention beitragen und das Wohl der Mitarbeiter *innen langfristig sichern.